Als Periphere Neuropathie bezeichnet man eine Schädigung im Bereich der peripheren Nerven, die je nach betroffenem Gebiet verschiedene Symptome aufweisen kann. „Periphere“ Nerven sind jene Nerven, die außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegen und wichtige Funktionen bei der Steuerung des Körpers erfüllen. Sind sensible Nerven betroffen, kommt es etwa zu Kribbelphänomenen auf der Haut. Die Schädigung von motorischen Nerven führt bis hin zum Muskelschwund und beim Befall sensorischer Nerven kommt es zum Ausfall von Sinneseindrücken.
Primäre Neuropathien gehen vom Nerv selbst aus und sind üblicherweise genetisch veranlagt. Sekundären Neuropathien liegen verschiedene Ursachen zugrunde; darunter fallen Entzündungen, Autoimmun- oder Stoffwechselerkrankungen sowie neurotoxische Substanzen.
Abhängig davon, ob nur einzelne Nerven betroffen sind oder mehrere spricht man von einer Mononeuropathie oder Polyneuropathie. Eine Mononeuropathie kann infolge einer Verletzung auftreten. Die lokale Schädigung eines Nervenabschnittes führt zu Beschwerden, die auf ein bestimmtes Körperareal begrenzt sind. Beispiel dafür ist das Karpaltunnelsyndrom. Die am häufigsten auftretende Polyneuropathie, die Beschwerden am gesamten Körper hervorruft, ist die diabetische Polyneuropathie. Bestimmte Stoffwechselprodukte, die vom Körper nicht mehr abgebaut werden können, lagern sich in das Nervengewebe ein und führen zum Funktionsverlust. Demyelinisierungen, bei denen die schützende Hülle des Nervs beschädigt ist, sind unter Umständen reversibel.
Therapie von Peripherer Neuropahtie
Zur Therapie peripherer Neuropathie muss die Ursache der Erkrankung behandelt werden. Bei Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch kann üblicherweise bereits durch Verzicht auf Konsum dieser Substanzen eine Besserung erzielt werden. Besteht ein Mangel an B-Vitaminen, Folsäure oder Vitamin E, ist die Verabreichung dieser Stoffe im Rahmen der Therapie sinnvoll.
Wenn die Ursache in Erregern wie Borreliose liegt, ist eine antibiotische bzw. virostatische Therapie notwendig. Bei einer Autoimmunerkrankung als Verursacher können Immunsuppressiva, Immunglobuline oder Kortikosteroide verabreicht werden. Durch eine Behandlung mit Stammzellen besteht die Hoffnung, auf die Einnahme dieser nebenwirkungsträchtigen Medikamente verzichten zu können. Ferner kann ein regelmäßiger Austausch des Blutplasmas (Plasmapherese) durchgeführt werden.
Bei einer diabetischen Neuropathie ist die korrekte Einstellung des Blutzuckers essentiell. Schädliche Zuckerablagerungen im Gewebe (Glykosylierung) können durch Infusionen mit Alpha-Liponsäure entfernt werden.
Außerdem müssen die Symptome der peripheren Neuropathie behandelt werden. Chronische Schmerzen können durch Schmerzmittel, Antidepressiva oder durch Hemmung der Nervenerregbarkeit gelindert werden. Bei Muskelkrämpfen kann die Einnahme von Magnesium helfen, bei einem Restless-Legs-Syndrom die Gabe von Dopamin. Druckstellen an den tauben Armen und Beinen können durch ausreichende Polsterung vermieden und bei Lähmungen Krankengymnastik verordnet werden.
Stammzelltherapie bei Peripherer Neuropathie
Mesenchymale Stammzellen (MSC) bzw. Stromal Vascular Fraction (SVF), isoliert aus Fettgewebe des Patienten, können bei peripherer Neuropathie therapeutisch genutzt werden. Stammzellen gelten als die Vorläufer aller fertigen Körperzellen. Mittlerweile wissen wir, dass die Wirkung der mesenchymalen Stammzellen vor allem in der Modulation des Immunsystems und der Anregung der Geweberegeneration durch Zytokine besteht. Da periphere Neuropathie eine degenerative Komponente aufweist und häufig eine Fehlreaktion des Immunsystems vorliegt, bietet sich die Anwendung mesenchymaler Stammzellen an.
Stammzellen aus Fettgewebe haben bereits bei einer Reihe von Autoimmunerkrankungen vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Daher ist ihr Einsatz auch bei ansonsten nicht ursächlich behandelbarer peripherer Neuropathie ein möglicher Behandlungsansatz. Es besteht berechtigter Anlass zur Hoffnung, dass durch mesenchymale Stammzellen, die aus einer kleinen Menge Körperfett des Patienten extrahiert und unmittelbar danach injiziert werden, der Krankheitsverlauf gemildert werden kann.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, Nervenzellen aus Stammzellen „künstlich“ im Labor zu züchten und diese neuen Nervenzellen anschließend zu implantieren. Solche Therapien werden in Studien erforscht. Abgesehen von der klinischen Umsetzbarkeit müsste aber bei einem konkreten Patienten zunächst der Grund für seine Neuropathie (z.B. eine Autoimmunreaktion) behoben werden, da ansonsten die neuen Nervenzellen auch vom Körper angegriffen würden.
Mit mesenchymalen Stammzellen und SVF wäre es möglich, das Immunsystem zu modulieren und damit die Autoimmunkrankheit periphere Neuropathie möglicherweise anzuhalten. Darüberhinaus werden von den mesenchymalen Stammzellen über Zytokine die ortsgebundenen Stammzellen der Nervenzellen zur Regeneration angeregt und können der Zerstörung weiterer Neuronen entgegenwirken. Erst als zweiter Schritt käme eventuell künftig die Verabreichung neu gezüchteter Nervenzellen in Betracht.