Der Mensch hat im Schnitt über 100.000 Haare auf dem Kopf. Davon fallen ihm pro Tag etwa 70 bis 100 Kopfhaare aus. Beim gesunden Menschen regenerieren sich die Haare jedoch ständig und alte Haare werden durch neue ersetzt. Von einem krankhaften Haarausfall spricht man erst, wenn es zu sichtbaren Arealen der Haarlosigkeit kommt. Krankhafter Haarausfall kann sehr viele unterschiedliche Gründe haben und unterteilt sich in zahlreiche verschiedene Formen.
Die wohl bekannteste Art des Haarausfalls ist die androgenetische Alopezie. Androgenetisch bedeutet hormonell bedingt. Die dafür verantwortlichen Hormone werden mit fortschreitendem Alter, vermehrt bei Männern, ausgeschüttet. Erste Anzeichen sind die sogenannten „Geheimratsecken“, die bereits in der Jugend auftreten können und sich unter Umständen immer weiter ausbreiten, bis hin zu einer Glatze. Frauen können auch betroffen sein. Gerade in der Zeit der Wechseljahre kommt es bei einigen Frauen zu meist beschränktem Haarausfall.
Wenn münzgroße runde Stellen kahl bleiben, handelt es sich um die Alopecia areata. Die genaue Ursache für diese Art des Haarausfalls ist unbekannt, man vermutet aber, dass es sich dabei um eine Störung des eigenen Immunsystems handelt, bei dem dieses die Haarwurzeln in einem bestimmten Bereich der Kopfhaut zerstört. In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen unter dieser Art des Haarausfalls.
Der Begriff diffuser Haarausfall beinhaltet alle möglichen Ursachen für Haarausfall. Die wichtigsten weiteren Ursachen sind Schilddrüsenerkrankungen, Mangelversorgung durch Diät und diverse Erkrankungen der Haut wie Syphilis oder bestimmte Pilze.
Therapie der Alopezie
Der freie Markt bietet sehr viele Mittel gegen Haarausfall. Grundsätzlich sollte der Patient aber erst einmal ärztlich abklären lassen, ob es sich tatsächlich um einen krankhaften Haarausfall handelt und was die Ursache dafür ist.
Bei der androgenen Alopezie umfasst die Standardbehandlung das Medikament Minoxidil. Minoxidil, eigentlich ein Mittel gegen Bluthochdruck, wird auf die Kopfhaut aufgetragen und wirkt wahrscheinlich durchblutungsfördernd. Das Ergebnis ist relativ rasch zu sehen. Allerdings muss der Patient das Medikament sehr strikt regelmäßig auftragen, da ansonsten die nachgewachsenen Haare wieder ausfallen.
Die Alopecia areata wird anders behandelt und ist auf einzelne Areale beschränkt. Bei ausgeprägtem Krankheitsbild werden die betroffenen kahlen Stellen mit Kortison eingerieben, um so die überschießende Immunreaktion im Behandlungsbereich zu unterdrücken.
Behandlung mit bioidentischen Hormonen und Nahrungsergänzungen
Haarausfall kann, vor allem bei Frauen, ein Hinweis auf hormonelle Imbalance des Körpers sein und entsprechend behandelt werden. Zuerst erfolgt eine genaue Analyse der Hormonspiegel des Patienten. Manche Imbalancen lassen sich durch Nahrungsergänzungen oder Lebensstiländerungen beheben. Sollte dies nicht ausreichen, werden bioidentische, das heißt, in ihrem chemischen Aufbau den körpereigenen Hormonen sehr verwandte Hormone verabreicht.
Stammzelltherapie bei Haarausfall
Mesenchymale Stammzellen (MSC) bzw. Stromal Vascular Fraction (SVF), gewonnen aus Eigenfett, können bei beiden Formen des Haarausfalls eingesetzt werden. Stammzellen gelten als Vorläuferzellen aller fertigen Zellen im Körper. Heute wissen wir, dass die Wirkungsweise der mesenchymalen Stammzellen vor allem in der Modulation des Immunsystems und der Anregung der Regeneration von Geweben und Blutgefäßen durch Zytokine besteht. Bei Alopecia areata liegt eine entzündliche Komponente vor, wodurch eine Therapie mit Stammzellen naheliegt.
Bei der diffusen Alopezie überwiegt die degenerative Komponente, daher könnte auch hier der Einsatz von Stammzellen sinnvoll sein. Im Falle der androgenetischen Alopezie können Haarwurzeln sich offenbar nur in Arealen regenerieren, in denen noch vitale Haarfollikel vorhanden sind. Forscher der Universität Yale in den USA belegten, dass bei Männern mit androgener Alopezie zwar Stammzellen in der Kopfhaut vorhanden sind, diese allerdings ihre eigentliche Zentralfunktion verloren haben und nicht mehr fähig sind, sich zu regenerieren. Inwieweit die Injektion von eigenen Stammzellen in die Kopfhaut auf die „schlafenden“ Stammzellen wirkt, kann noch nicht eindeutig gesagt werden. Bei vollständiger Glatze ist jedoch nach derzeitigem Wissensstand die Haartransplantation das Mittel der Wahl.
Leider mangelt es bislang noch an aussagekräftigen Studien. Viele Forscher und Ärzte erhoffen sich aber drastische Verbesserung und sehen in der Stammzelltherapie eine große Chance für die zukünftige Art der Behandlung fast aller Arten der Alopezie.
Therapie mit Haartransplantation
Liegt eine vollständige Glatze vor, ist zurzeit eine Haartransplantation nötig, um Haarwuchs auf den kahlen Stellen zu bewirken. Dabei werden haartragenden Stellen der Kopfhaut einzelne Follikel oder Gruppen von Follikeln entnommen, die anschließend an die Stellen mit Glatze verpflanzt werden. Es gibt eine Reihe von Methoden der Haartransplantation. Am ästhetisch befriedigendsten, aber auch aufwendigsten ist die Methode, bei der einzelnen Haarfollikeln Teile entnommen werden, die dann – nach Aufbereitung in einer Stammzellsuspension – einzeln transplantiert werden.